Abendzeitung München, 2. Mai 2018


Abendzeitung München, 2. Mai 2018

Patrone Bavariae

Helmut Schleich: So wird sein Kabarett-Programm

Helmut Schleich hat die Figurenfülle im neuen Kabarett-Programm "Kauf, du Sau!" stark reduziert, seinen Röntgenblick auf den Zeitgeist aber geschärft.

Seine Pappenheimer kennt er schon lange und er weiß, was die Leute von ihm wollen. Kopfrechnen gehört nicht dazu: Wenn er mit Zahlen spielt und plötzlich Stille im Saal herrscht, fordert er zum Mitdenken auf: "Nicht einfach da hocken und warten, bis der Strauß kommt."

Der große CSU-Vorsitzende ist noch immer die Paraderolle von Helmut Schleich, die er nicht einfach spielt, sondern die vom Kabarettisten auf mitunter gespenstische Weise Besitz zu ergreifen scheint. Strauß kommt natürlich weiterhin vor, spart sich aber für das Finale auf.

Helmut Schleich: Neues Programm heißt "Kauf, du Sau!"
Überhaupt verzichtet Schleich auf die verschwenderische Figurenfülle seiner früheren Programme. Das gestandne Mannsbuid aus Schongau ist dieses Mal ganz bei sich. Krachert ist vor allem der Titel seines neuen Solos, das im Lustspielhaus Premiere feierte: "Kauf, du Sau!" Bei Helmut Schleich ist Kritik an der Konsumgesellschaft ein weites Feld.

Dazu gehört auch die Sprache und ihr Gebrauch unter besonderer Berücksichtigung des bairischen Dialekts. "Mia san mia", mit dem man sich in Bayern selbst gerne feiere, schreibe sich korrekt "mir san mir". Im Russischen dagegen bedeutet "Mir" den "Frieden", was wiederum mit Bayern und den weltweit verkauften "Patronen aus Bavaria" nicht vereinbar sei.

So wird Helmut Schleichs Kabarett-Programm
An anderer Stelle treibt er mit einer zauberhaften Geschichte für Kinder Spott mit übertriebener Gender-Korrektheit. Alles mit "er" ist als zu maskulin tabu und die Kids sprechen die Eltern mit "Vatsie" und "Muttsie" an. Sogar Eier machen deshalb sprachliche Probleme. Gerade das Essen ist ein Minenfeld geworden, aber wenn Muttsie von ihren Lebensmittelunverträglichkeiten erzählt, schlafen die Kinder besonders schnell ein.

Auf der anderen Seite gibt es die Leute, die mit ihrem SUV beim Dallmayr vorfahren, um ein Gläschen "kandierte Langustenhoden" zu kaufen.

Zunehmend hadert Schleich, der in diesem Sommer 51 wird, auch mit der nächsten Generation. Hinter dem Versuch, alles immer und überall richtig zu machen, wittert der scharfsinnige Dialektiker Totalitäres. Zwar war es schon immer so, räumt er ein, dass "die Älteren die Jüngeren für abartig halten". Aber er befürchte, "dieses Mal stimmt es wirklich". Seine brillante Rhetorik und seine schauspielerische Präsenz ermöglichen, dass dabei weitaus mehr über die Rampe kommt als der Opa, der von früher schwärmt. Vor allem ist es der Röntgenblick, wenn es um die Widersprüche im zeitgenössischen Lifestyle geht, der ihn zum virtuosen Volkskabarettisten macht. Als Zugabe liest er einen der unfassbar witzigen Dialoge der "Ratzinger-Brüder" aus "Schleich-Fernsehen". Die für jede Folge gleichbleibende Redewendung des Ex-Papsts am Schluss können die Fans im Chor mitsprechen: "Gut, dass uns keiner zuhört".

Mathias Hejny


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